Als der Entschluß feststand mir ein eigenes Trike zuzulegen, habe ich mir erst mal überlegt was es denn für eines sein soll und was alles drin und dran sei muß. Es sollte die klassische Form sein, also offene Bauweise und mit Käfermotor und es sollte auf jeden Fall so um die 50 PS haben. Anbauteile wie Beinschutz und Motorschutzbügel wenn möglich aus Edelstahl und das Vorderrad bitte in "schwerer" Ausführung, also mindestens ein 150er Reifen. Metalliclackierung sollte es sein, schöner noch wenn es eine "Flitterlackierung" ist. Dann ging die Suche los, es wurden die Üblichen Internetportale angeworfen und die Händler in der Region abgegrast. Bald kam die Erkenntnis, daß es gar nicht so einfach ist was Passendes in der näheren Umgebung zu finden, eher Glückssache - also Internetsuche mal über ganz Deutschland ausgedehnt. Einige interessante Angebote waren schon in mobile.de und Co. zu finden. Aber wenn man sich die Trikes dann vor Ort ansah, musste man feststellen, daß die Inserate oft "schön" geschrieben waren oder schlimmer noch, daß dran stümperhaft geschraubt wurde und Vieles nicht eingetragen war. Für mich ein absolutes "No go". Irgendwann wurde ich dann doch fündig, in einem kleinen Dorf bei Halle/Saale, gerade mal gut 530 km weit weg, wurde ein Boom Highway verkauft, Originalzustand - so wie es vom Werk ausgeliefert wurde. Die einzige Veränderung waren selbstklebende Zierlinien, ansonsten völlig unverbastelt. Der Preis stimmte und man war sich sehr schnell handelseinig. Am 1.April 2011 (mal ein positiver Aprilscherz) wurde das gute Stück aufgeladen und in seine neue Heimat nach Oberbayern gebracht. Da es bald ein Jahr nicht gefahren wurde habe ich es vorsichtshalber mit dem Hänger geholt. Ab in die Werkstatt meines Vertrauens, Service machen und durchchecken und los ging die "Triker-Ära".
Im Laufe der Zeit habe ich dann einige Veränderungen am Fahrzeug durchgeführt (in Neudeutsch = Pimp my Trike). Als erstes wurde dem Motor eine kontaktlose Zündung (IGNITOR-Einsatz, Kostenpunkt ca. 100 €) spendiert, seitdem musste der Zündzeitpunkt nie wieder nachgestellt werden. Danach war die Verbesserung der Motoroptik angesagt. Ausgeliefert wurde er mit schwarz lackierten Kühlblechen und Gebläsekasten, einziges Chromteil war die Keilriemenabdeckung. Das war mir irgendwie zu farblos, zuwenig Glanz - musste geändert werden. Es wurden ein verchromter Gebläsekasten und verchromte Lüfterbleche eingebaut, eine verchromte Zündspule sowie eine halboffene Edelstahl-Keilriemenandeckung montiert. Ansaugbrücke und die Ansaugkrümmer wurden in feuerrot lackiert, dazu kamen noch rote Silikonzündkabel, eine transparent-rote Verteilerkappe sowie eine rote Limarad-Abdeckung und ein Alu-Keilriemenrad. Damit sieht der Boxer, wie ich finde, schon mal wesentlich ansprechender aus.
vor der Überarbeitung
nach der Überarbeitung
Als nächstes wurden zusätzliche Lampenstangen aus Edelstahl montiert, die gibt es bei SMT-Trikebau. Die dazu passenden Chromscheinwerfer und Ochsenaugenblinker habe ich bei Louis in Rosenheim gekauft. Die beiden neuen Scheinwerfer sind jetzt die Hauptbeleuchtung und die bisherigen Scheinwerfer an der Gabel wurden zu zusätzlichen Fernscheinwerfern umfunktioniert. Der alte kleine Digitaltacho von Boom mußte zwei schönen Rundinstrumenten (Tacho und Drehzahlmesser) von MMB mit analoger Anzeige weichen. Die rote 7-Segment Anzeige des alten Tachos war bei ungünstgem Lichteinfallnicht ablesbar, außerdem finde ich, dass es einfacher ist den Stand einer Tacho- oder Drehzahlmessernadel abzulesen als die Ziffernangaben einer Digitalanzeige. Die zugehörige Edelstahlhalterung für die beiden Rundinstrumente hat mir der Metallbauer meines Vertrauens angefertigt.
Der alte 22er Chromstahllenker wurde gegen einen neuen 30mm Edelstahllenker (Typ L6) von Boom ausgetauscht. Den hab ich inklusive der Raiser über 3,2,1...Deins für knapp unter 100 Euronen ersteigern können. Das schöne dabei ist, das der sogar schon im Fahrzeugschein von Haus aus eingetragen war. Die beiden serienmäßigen Rückspiegel mußten gegen zwei "Chrom-Skullhand" Spiegel weichen, etwas Retro darf schon sein. Die gibt es ebenfalls bei Louis und natürlich mit E-Prüfzeichen, sind also stressfrei wenn es drauf ankommt.
Beim Kauf des Trikes hatten die Reifen noch sehr gutes Profil, aber als ich sie mir zu Hause genauer ansah, mußte ich feststellen, daß es vorne wie hinten noch die ersten waren, schon mindestens 12 Jahre alt. Also runter mit den Schlappen und neue drauf. Da aber beim Vorderrad noch die alte Reifengröße 5.0 x 16 eingetragen war und es dafür eigentlich nur noch einen einzigen Reifenhersteller/ -typ gibt, habe ich mich kundig gemacht und eine alternative Größe gesucht. Problemlos kann man die Größe 160/80 x 16 verwenden. Die hat fast den selben Abrollumfang, so daß der Tacho nicht angepasst werden muß. Montieren lassen, Entragung beim TÜV, ab geht`s. Die hinteren Mangels Chromstahlfelgen wurden gegen original BOOM SLC-Alufelgen getauscht. Der unrunde Lauf der Chromstahl-Felgen hat mich ziemlich genervt und auch hier hat 3,2,1...Deins wieder gute Dienste geleistet.
Genauso wie bei der Anhängerkupplung (original Boom). Die gab es von einem Triker aus Essen. Zum Glück konnte ich die selber abholen, da ich beruflich ganz in der Nähe zu tun hatte und es mehr oder weniger auf dem Weg lag. Die Montage der AHK ist denkbar einfach, am Drehstab einhängen, an den Motorträgern und am Schutzbügel verschrauben, Kabelsatz montiert und an den vorinstallierten Stecker dran - fertig ist die Laube. Ach ja, Blinkrelais noch wechseln. Ab zum TÜV und eintragen (der Prüfer lacht inzwischen schon wenn er mich sieht). Vorteil der Boom AHK, sie ist nicht besonders wuchtig, hat aber einen hohen Materialgütewert (D-Wert). Dadurch konnte ich das Trike auf 485 kg Anhängelast gebremst auflasten lassen, genug für einen QEK.
Das nächste Projekt waren die Rücklichter. Da mir die einfachen Rechteck-Serienrückleuchten zu langweilig waren mußte hier was anderes her, aber was? Also wieder die Internetsuchmaschine an und erst mal kundig machen. Bei SMT Trikbau habe ich dann Edelstahlträger gefunden und wiederum bei Louis passende Leuchtmittel. Bedingung war auch hier, daß alles mit den nötigen Prüfzeichen ausgestattet ist, auch der doch etwas eigenwillige Blinker. Mal sehen was mir als nächstes einfällt.
Das hat auch nicht lange gedauert, Zusatzspiegel für den Hängerbetrieb mussten her. Solange nur "Heini", unser Heinemann Anhänger gezogen wurde, reichten die Lenkerspiegel völlig aus. Aber mit Anschaffung des QEK`s wurden auch zusätzliche Rückspiegel erforderlich. Die gibt es zwar dierkt bei Boom bzw. auch als Zubehör bei SMT Trikebau, aber die dort angegebenen Preise waren mir schlichtweg zu teuer. Ich entschied mich dazu, eine "light" Version zu verwenden, sprich die Lampenbügel zu verlängern. Dazu habe ich mir vier Edelstahl-Schellen anfertigen lassen, jeweils zwei für eine Spegelhalterung. In die beiden Schellen wurde ein 15mm-Edelstahlrohr eingesetzt und an der Aussenseite anschliessend eine Spiegelstange eingeschraubt. Jetzt noch die verchromten Serienspiegel dran, fertig ist der Zusatzspiegel. Nach der ersten Fahrt wurde aber schnell klar, das kann nur ein Provisorium bleiben. Die Eigenvibration dieser Konstruktion war so stark, dass eine gute Sicht nach hinten nicht möglich war. Die Serienrückspiegel sind für diesen Zweck ebenfalls nicht optimal, das Sichtfeld ist zu klein.
Also das Ganze noch mal neu angegangen und eine massivere Konstruktion geplant. Auf jeden Fall musste stärkeres Rohrmaterial zum Einsatz kommen. Hier wurde ich beim Stahlhandel im Nachbarort fündig, er hatte Edelstahlrohre mit 30mm Durchmesser und 2mm Wandstärke auf Lager. Im Internet fand ich massive Schellen, die genau auf das Aussenrohr des 48mm Beinschutzbügels passten. Das schöne dabei, sie werden mit nur einer 12er Mutter verschraubt und sind 5 cm breit, haben also einen sehr festen Halt. Das Rohr selber wurde auf Gehrung geschnitten und im 45° Winkel geschweißt, so dass es nicht so leicht vibriert. Als Spiegelstangenbefestigung habe ich im Kart-Zubehör passende Schellen gefunden, die sogar bereits in der richtigen Farbe eloxiert angeboten werden. Jetzt noch zum nächsten Campingzubehör-Shop und ich hatte die beiden Zusatzspiegel. Als i-Tüpfelchen wurden die beiden offenen Rohrenden mit einer Zierfigur bestückt, denn es braucht ja eine persönliche Note und am Lächeln soll man den freundlichen Triker erkennen. Die gab es (wo denn sonst) mal wieder bei 3,2,1...Deins.
Durch die Winkelform ist der Spiegelhalter besser vor Vibrationen geschützt. Die massive Schelle (Bild rechts oben) wird mit nur einer Verschraubung gespannt, ermöglicht so eine schnelle und einfache Montage am Trike. Der Zusatzspiegel befindet sich fast auf gleicher Höhe wie der Lenkerspiegel, dadurch ist eine optimale Sicht nach hinten gegeben. Die blaue Schelle (Bild rechts unten) bekommt man im Kart-Zubehörshop, sie gibt es in verschiedenen Farben und in 28, 30 oder 32mm Ausführung.
Mit dem QEK im Schlepptau lässt der Wunsch nach mehr Leistung und Drehmoment nicht lange auf sich warten. Ich entschloß mich einen Motorenupgrade auf Basis eines 1600er Typ1 Motores anzugehen. Da der AS41er Motorblock für solche Vorhaben die beste Voraussetzung ist, sind Altmotoren inzwischen sehr gefragt und entsprechend selten zu finden als sogenannte „Überholungsgrundlage“. Über ebay Kleinanzeigen fand ich das passende Objekt, einen angefangenen Neuaufbau der bereits den gewünschten Hubraum hatte und auch schon mit einer 2-Vergaseranlage von Solex bestückt war. Allerdings war der Standort irgendwo im schönen Hegau, gut 270 km weit weg, kurz vor der Schweizer Grenze. Also machte ich mich mit meinem Sohn an einem sonnigen Sommrtag auf den Weg um das gute Teil abzuholen, gleich verbunden mit einem Ausflug zum schönen Bodensee.
Eine Zusammenfassung vom Zerlegen des Basismotors bis zum fertigen Neuaufbau
Zu Hause angekommen wurde der Motor erst mal komplett zerlegt, gereinigt und unter die Lupe genommen. Man ist ja bei so was nie vor Überraschungen sicher, aber zum Glück stellte sich heraus, dass ich hier keinen „Griff ins Kloo“ gemacht hatte. Alle Lagergassen noch im Originalmaß, Kurbelwelle, Kolben, Zylinder - alles in sehr gutem Zustand.
Das Basisobjekt - ein 1600er AS 41 Block, bereits mit 1679er Slip-in Zylinder und Kolben bestückt, mit einer 40er Solex Dual-Vergaser Anlage sowie Alu-Zylinderdeckel von EMPI, inklusive einer 55A Drehstromlichtmaschine - ideale Voraussetzung für den Neuaufbau
Jetzt ging es in die Detailplanung mit meinen beiden „Motorbauern“, guten Bekannten aus der „Trikerszene“. Schwerpunkt bei der Planung war die Erhöhung des Drehmoments um mehr Power beim Hängerbetrieb zu bekommen. Neuteile wurden die Zylinderköpfe, Pleuel- Nockenwellen- und Kurbelwellenlagersätze, eine 276° Nockenwelle, 94g Stössel mit härteren Stösselstangen, eine verstärkte Ölpumpe, einen neuer 009er Zündverteiler und natürlich sämtliche Dichtungen. Hochwertige K&N Luftfilter und kontaktlose Zündung (Ignitor) gehören genauso dazu wie die blau eloxierten Stösselschutzrohre, verchromte Zylinderbleche, verchromter Limafuss und ein Alu-Öleinfüllstutzen sowie die Edelstahl-Keilriemenabdeckung.
Ein ganzer Tag war nötig um die Motorenteile gründlich zu reinigen und vom alten Ölschlamm zu befreien. Erfreulich war der gute Zustand, der sich dabei zeigte. Alle Lagergassen noch im Originalmaß - ein Aufspindeln auf das erste Übermaß war nicht nötig, der Block konnte ohne Bearbeiten verwendet werden.
Ende Januar 2018 begann der Zusammenbau des neuen Triebwerkes. An zwei Samstagen wurde in einer Holledauer Triker-Garage geschraubt, eingestellt und getestet bis es endlich soweit war - der erste Startversuch konnte erfolgreich durchgeführt werden. Dabei stellte sich jedoch heraus dass noch ein neuer Öldruckschalter nötig ist, da der alte nicht mehr richtig funktionierte. Na, wenn es weiter nichts ist….einen neuen Druckschalter und ein paar weitere Kleinteile besorgt und der Neuaufbau konnte fertiggestellt werden.
Neuteilbestellung Teil 1:bearbeitete 043er Zylinderköpfe, externe Ölpumpe, Stössel und Stösselstangen, Dichtungsatz und Lagersätze sowie eine W100 Nockenwelle von Engle
Motorblockhälfte mit neu gelagerter Kurbel- und Nockenwelle, vorbereitet um den Block zusammenzubauen
Das neue Triebwerk im einbaufertigem Zustand Vielen Dank an Helmut und Josef - ohne euch wär`s nix geworden
endlich ist der Boxer an seinem neuen Arbeitsplatz angekommenDurchzug und Elastizität des Trikes wurden erheblich gesteigert - und damit auch die Freude am Fahren - Ziel erreicht, könnte man auch sagen!!
Inzwischen ist auch die TÜV Abnahme erfolgt und der „neue“ findet sich im FZ-Schein wieder - man glaubt nicht wie schnell doch unsere Ämter sein können, es hat nicht lange gedauert bis die Nachberechnung der KFZ Steuer wegen des etwas höheren Hubraumes im Postkasten zu finden war.